Pressemitteilung Nr.7 Apr.23

Öffentlichkeitsbeteiligung als Mogelpackung – ABBD bezieht Stellung zur Bürgerbeteiligung

Zurzeit gesetzlich verankert als Soll – aber nicht als Muss!
Der betroffenen Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung gegeben werden. Viele
unbestimmte Begriffe sorgen dafür, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung ein Format bleibt, das sich der
Bund und seine sogenannten Vorhabenträger zurechtstutzen können. Die Arme der Öffentlichkeit
sind dementsprechend kurz.
Öffentlichkeitsbeteiligung neu denken – denkste
Niemand stellt den Sinn einer hochwertigen Bürgerbeteiligung in Frage. Aber es mangelt an der
Umsetzung. Das Verkehrsministerium hat in mühevoller Arbeit ein Handbuch mit Verbesserungs-
vorschlägen erstellt, die sich abermals an der mauen Gesetzeslage ausrichten. Da beißt sich die Katze
in den Schwanz. Wir als Gesellschaft sollten – im Sinne des Gemeinwohls – den ehrenamtlich
engagierten Bürgerinnen und Bürger eine eindeutig definierte, umfassende und rechtssichere Form
der Bürgerbeteiligung zur Verfügung stellen. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen wählen, sich über die
Medien informieren und können nicht verhindern, dass der Staat durch eine aufgeblähte Bürokratie
schlechte, langsame oder sogar korrupte Entscheidungen fällt. Wenn sich Bürgerinnen und Bürger in
einer Partei engagieren, können starke parteipolitische Machtverhältnisse dennoch Diskussionen und
Entscheidungen auf allen Ebenen beeinflussen. Die Gründung einer Bürgerinitiative führt zu keiner
nennenswerten Kommunikation mit der Politik, zu oft werden aktive Initiativen als nervend
betrachtet und auf Abstand gehalten. Die gesetzlich geregelte Öffentlichkeitsbeteiligung bei
besonderen Themen oder Projekten ist so vage gestaltet, dass sie den Begriff „Beteiligung“ eigentlich
nur streift. All dies zusammen genommen macht deutlich, dass eine Bürgerbeteiligung in einer klar
definierten, umfassenden und rechtssicheren Form entwickelt werden muss.
Bürgerbeteiligung – statt Politikverdrossenheit
Die Frustration der Bürgerinnen und Bürger bei Öffentlichkeitsbeteiligungen, wie etwa bei Bahn-
Großprojekten, ist sehr verständlich. Es gibt keine Möglichkeit, Einfluss auf die Planungen zu nehmen,
damit muss Schluss sein. Erfolgreiche Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe erfordert ein Umdenken,
nach Jahrzehnten des Redens müssen nun Taten folgen!

Wir fordern
• eine gesetzliche Definition und Standardisierung der Art und Weise der Bürgerbeteiligung!
Damit wird sichergestellt, dass alle Bürgerbeteiligungen auf dem gleichen hohen
Qualitätsniveau und mit Rechtssicherheit durchgeführt werden. Auf diese Weise wird echte
Bürgerbeteiligung möglich. Bundesweite Auswirkungen müssen eine bundesweite
Bürgerbeteiligung erfordern (Bundesverkehrswegeplan, Zielfahrplan Deutschlandtakt) –
regionale Projekte (Bahn-Großprojekte) müssen entsprechend regional durchgeführt werden.
• die frühzeitige Einbindung der Bürgerinnen und Bürger.
Die Bürger müssen von Beginn der Grundlagenermittlungen an einbezogen werden, um von
Anfang an Transparenz zu gewährleisten. Dabei ist es wichtig, dass die Bürger in der Lage
sind, ihre Ideen und Vorschläge einzubringen. Andererseits muss auf die Vorschläge eine
ernsthafte Diskussion und fachliche Prüfung folgen.• klare und verständliche Informationen.
Umfassende Informationen oder Unterlagen über das Projekt müssen den Bürgern zur
Verfügung stehen und verständlich aufbereitet sein (Statistiken, Zahlen, Gutachten, Daten, …).
Diese Unterlagen müssen auch bei späteren Nachfragen transparent dargestellt werden. Den
Bürgerbeteiligten muss ein Mentor der Wahl zur Seite gestellt werden, der eine Wissenslücke
ausgleicht und so eine echte Augenhöhe ermöglicht.
fachliche Unterstützung.
Im Rahmen der Bürgerbeteiligung muss die Möglichkeit bestehen, Experten zu konsultieren,
um Ideen, Bedenken oder Vorschläge auf eine fachlich fundierte Grundlage zu stellen.
offene Kommunikation und Dialog.
Eine offene Kommunikation zwischen den Vorhabenträgern und den Bürgerbeteiligten ist
entscheidend, um gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zu fördern. Das bedeutet, dass
Kontroversen sofort ausgesprochen und geklärt werden. Es bedeutet auch, dass taktische
Verschwiegenheit zu unterlassen ist. Direkte Gespräche mit allen Beteiligten vor Ort ist dafür
unerlässlich, Online-Sitzungen sind Notfalllösungen. Der Bürgerdialog muss von einer
unabhängigen Moderation begleitet werden.
ausreichend Zeit und Ressourcen.
Zeit ist Geld. Dennoch ist eine Bürgerbeteiligung eine Investition in den Erfolg des Projekts.
Dazu gehört, auch die finanzielle Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit (z.B. Bahnticket
für die Anreise).
rechtsverbindliche Vereinbarungen.
Die Vorhabenträger und Bürgerbeteiligten müssen rechtsverbindliche Vereinbarungen
erzielen. Damit wird sichergestellt, dass die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung auch tatsächlich
berücksichtigt werden. Falls erforderlich, muss ein vom Vorhabenträger finanziertes
Schlichtungsverfahren eingeleitet werden.

Dies ermöglicht eine frühere rechtsverbindliche Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, was
bedeutet, dass Infrastrukturprojekte mit mehr Bürgerinteressen geplant und dadurch schneller
umgesetzt werden können.

Eine aktuelle Umfrage innerhalb des Aktionsbündnisses hat ergeben, dass die DB Netz AG bei ihren
Dialogforen im Durchschnitt die Schulnote 5 minus für die Bürgerbeteiligung der Bürgerinitiativen
erhält. Die im ABBD vernetzten Bürgerinitiativen der Bahn-Großprojekte zur festen
Fehmarnbeltquerung, Alpha-E (Hamburg-Hannover), Hannover-Bielefeld, Ulm-Augsburg sowie zum
Brennernordzulauf kritisieren die aktuellen Verfahren scharf. Informationen über die Projekte
werden nicht vollständig zur Verfügung gestellt, Anhörungen finden nur teilweise und Beratungen
finden nur ganz vereinzelt statt. Von Zustimmungserfordernissen, durchsetzbaren
Mitbestimmungsrechten oder Initiativrechten zur Überprüfung der Projektvorgaben kann keine
Rede sei

Die Umfrage erfolgte anhand folgender Grafik

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